„The Story of House“ Teil 2




Die Entstehungsgeschichte der House Musik. [Teil 2]
Stuart Cosgrove’s Bericht im Booklet der „The History of House Sound of Chicago“ BCM-Box.

Internationaler Erfolg

Der internationale Erfolg von House kam trotz aller bekannten Widrigkeiten.
New York und Los Angeles waren fest etabliert als die Hauptstädte der Musik in den USA und es war nahezu kein Raum für kleine regionale Labels, um national Einfluss zu nehmen.

Laut Keith Nunnally von JM Silk machte Chicago aus seinen Beschränkungen einen Vorteil, indem der Mangel an Möglichkeiten umgekehrt wurde durch einen Reichtum an musikalischen Experimenten.

The History of House Sound of Chicago, BCM Box

Übersetzung des Textes aus der BCM Box.
Infos zum Autor siehe Teil 1

Verglichen mit den meisten Künstlern aus L.A. die 72-Track Studios hatten, hat House Musik generell ein einfaches Grundgerüst.
Die meisten House Acts hatten nur ein 8-Track Studio zum arbeiten. Kein Problem, die Leute sind trotzdem abgegangen auf den Sound. Sie interessierten sich nicht, wie die Musik gemacht wurde…

Keith Nunnally

Major und Independent Labels

Trotz der fehlenden technischen Mittel sprossen in Chicago eine ganze Welle neuer independent Dance Labels wie Pilze aus dem Boden.
Die Independent-Bewegung wurde angeführt von Rocky Jones Label DJ International, einer relativ kleinen Firma, hervorgegangen aus einem DJ Platten-Vertriebspool, die sich von einem kleine Lagerhaus in der Nähe von Chicago’s Cabrini Green Wohnprojekt verbreitete, um dann eines der Label zu werden, das die Dance Szene länderübergreifend am meisten beeinflusste.

Rocky Jones, DJ International
Rocky Jones

Beim New Music Seminar 1986 in New York stahl die Künstlerliste von DJ International allen die Show, weil jedes bedeutende Label horende Gebote machte, um ein Stückchen des House–Kuchens zu bekommen. Innerhalb weniger Tage wurden Platten des zierlichen House DJs Chip E., der hochklassigen Gospel-Sängerin Shawn Christopher und des divenhaften Darryl Pandy in der ganzen Welt verkauft.

Auf dem Höhepunkt des Bietens unterschrieb JM Silk bei RCA Records für ein nicht genanntes Vermögen.
Der kommerzielle Erfolg von Tracks wie „Music is the key“ und „Shadows of your Love“ bewiesen, dass House Music die Energie und Fähigkeit besaß, sich von einem regionalen Kult zu einem modernen internationalen Erfolg zu entwickeln. Innerhalb einiger Monate lag jedes Musikblatt dem Chicago House zu Füßen.

J.M. Silk
J.M. Silk

Obwohl sich die erste Welle des Interesses auf das Label DJ International konzentrierte und vor allem das ungleiche Duo bestehend aus Farley, dem legendären Chicago DJ und seinem ausgebildeten Opernsänger Darryl Pandy, wurde schnell klar, dass ihr Hit „Love Can’t Turn Around“ nur die Spitze des Eisberges im mittleren Westen war. In Chicago wimmelte es von Musikern.

Hot Mix 5 Logo
Hot Mix 5

Lokale Radiosender wie WGGI und WBMX rockten zur Musik von ‚Hot Mix 5‘, einer Gruppe von DJs, die die ganze Nächte Dance Music mixte ohne ein Wort zu äußern.
Clubs wie The Power Plant waren die ganze Nacht geöffnet. Sie hielten jetzt die Fackel hoch wie einst The Warehouse.

In dem lokalen Konkurrenzkampf mit DJ International waren hunderte anderer Labels involviert.
Das bedeutendste Label war Trax Records in der North Clark Street, das äußerst erfolgreich weitere House-Klassiker veröffentlichte.

Marshall Jefferson, ein großer 25-jähriger Produzent, gab Trax zwei seiner bedeutendsten Platten: das hektische 120 BPM „Move Your Body“ (welches auch bezeichnet wurde als „The House Music Anthem“) und der populäre Nachfolger „Ride The Rhythm“ von On the House.

Marshall Jefferson
Marshall Jefferson
Adonis
Adonis

Sein Ruf wurde gleich gesetzt mit dem jüngeren Adonis, ein 19-jähriger Teenager, der „No Way Back“ heraus brachte.
Dies war der zweitgrößte Plattenverkauf, den Trax je hatte.
Die Platte hatte eine Auflage von 120.000 Stück – eine erstaunliche Zahl für eine unabhängige Platte, die nur wenig im Radio gespielt wurde.


Labels

Hinter der sichtbaren Erfolgsgeschichte von DJ International, Underground, Trax gab es unzählige kleinere Labels wie Jes Say, Chicago Connectinon, Bright Star, Dance Mania, Sunset, House Records, Hot Mix 5, State Street, and Sound Pak. [mehr Label Infos]

Chicago Labels: DJ International, Trax Rec., Chicago Connection, Dance Mania, Jes Say Rec., Bright Star Rec.
Chicago Labels: DJ International | Trax Rec. | Chicago Connection | Dance Mania | Jes Say Rec. | Bright Star Rec.


Und – hinter Stars wie Farley und Frankie Knuckles gab es viele andere Musiker wie Full House, Ricky Dillard, Fingers Inc. und Farm Boy.

Farm Boy
Farm Boy

Farm Boy, ein junger weißer DJ namens Dean Anderson, welcher sich in rustikalen Overall und mit Strohhut kleidete und empor stieg zu einen der größten Namen in der ‚ländlichen‘ House Szene.

Aber Chicago ist alles andere als ländlich – im Schatten stehend unter einigen der weltgrößten Wolkenkratzer – die sogenannte „City of Broad Shoulders“ ist typisch modern. Wie der House Sound hat es eine unverkennbare Identität, aber wirkt nach außen geschäftsmäßig auf das internationale Publikum.


Jacking all over the World

House Music hat sich in der ganzen Welt verbreitet.

House kam nach Detroit,

  • wo Transmat Records Derrick May’s Rhythim Is Rhythim veröffentlichte und im Metroplex Studio post-Kraftwerk Tracks wie „Nude Photo“ und „Strings“ entstanden.

House kam nach New York,

  • wo der angesehene Club-Produzent Arthur Baker, mit neuem Schwung, kompromisslose Dance Platten wie Criminal Elements „Put The Needle To The Record“ and Jack E. Makossa’s „The Opera House“ kreierte.

House kam nach London,

  • wo eine Gang von rebelischer Funk Boys namens M|A|R|R|S die britischen Charts im Sturm eroberten und auf Platz 1 stiegen mit dem brillianten Mashup „Pump Up The Volume“.

House drang mitten ins Herz der Popmusik,

  • House drang mitten ins Herz der Popmusik,
    was Phil Fearon, Kissing the Pink, Beatmasters und die Londoner Soul Girls Mel & Kim anspornte, den Beat zu verwenden.

Weiterhin drang House in bereits dynamische Kulturen wie Latin oder in die Hispanic Dance Szene ein und schuf neue Möglichkeiten für Kenny ‚Jammin‘ Jason, Ralphi Rosario, Mario Diaz, Julian ‚Jumpin‘ Perez, Mario Reyes, und der Gruppe mit dem eigenartigen Namen „Two Puerto Ricans, A Blackman and A Dominicain“.
Chicago House wurde zu jedermanns House.

Zwangsläufig, war es die rastlose Londoner Club-Szene sowie die illegalen Piratensender der UK Großstädte, die das wahre Potential von House Music erfassten.
Die relativ einfache und selbstgemachte Machart, die die House-Produktionen bestimmte, hatte zur Folge, dass junge DJs mit preiswerten Ausrüstung Platten machen konnten, die frischer und schneller als die der großen etablierten Labels war.
Eine Reihe von gesampelten und geklauten Sounds, veröffentlicht auf kleinen independents UK Labels eroberten die Pop-Charts im Sturm und überraschte die Plattenindustrie, dadurch wurde deutlich, dass der House-Sound eine kommerzielle Anziehungskraft hatte, die sogar über die wilde Vorstellung der Londoner Club-Szene hinaus ging.

Im Frühling 1988 tauschte eine kleine Gruppe Londoner DJs ihre Plattenteller gegen Aufnahmestudios ein.

Tim Simenon, ein junger DJ im Londoner Wag Club, der unter dem Club-Pseudonym Bomb the Bass arbeitete, und Mark Moore, der den Bandnamen S-Express verwendete, hatten unerwartete Pop-Hits mit gesampelten House-Rhythmen.
„Beat Dis“ und „The Theme From S-Express“ waren charakteristisch für den Sound, der kreativ klaute und mit Sampling Erfolg hatte.

Tim Simenon (Bomb the Bass)
Tim Simenon (Bomb the Bass)

DJs mit großen Plattensammlungen und einem Katalogwissen von Breaks, Beats, Bits und Pieces konnten diese aneinanderreihen und eine komplett neue Platte zusammenbauen aus Platten, an die man sich kaum erinnerte.

Coldcut
Coldcut

Die Meister der Londoner Sampling-Szene waren zwei ungleiche DJs, Jonathan Moore und Matt Black, die unter dem Namen Coldcut spielten und Londons Piratensender stürmten mit einer ideenreichen Plattenauswahl, verrückten Mixen und einer gewollten Nichtachtung davor, was musikalisch Sinn machte.
Als Coldcut’s Remix von Eric B & Rakim Rap-Hit „I know you got Soul“ die undankbaren New Yorker auf Platz 1 der europäischen Pop-Charts brachte, wurde offensichtlich, dass Sampling und der Geist von „Pump up the Volume“ Zukunft hatte.

Auf den Coldcut Rap-Mix folgte sogleich der mehr am House orientierte „Doctorin The House“ ft. Yazz & The Plastic People, dann eine Cover-Version von Otis Clay’s „The only way is up“ – ein düsterer Soul-Sound, der besonders in der britischen esotherischen Northern —Soul Szene groß war. Durch eine überraschende Wendung in der Geschichte, wurde die Karriere eines alten Chicagoer Soul-Sängers aus den 60ern neu belebt durch die Auswirkungen des modernen Chicagoer House-Sounds.


siehe auch Teil 1 mit Infos zum Original Text


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